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Eigentlich wurde ich nie diskriminiert … Dachte ich.

Campusgeschichten
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Elli

Ich, Elli, 38, lesbisch geoutet seit über 20 Jahren, bin sehr lange mit dem Satz herumgelaufen: „Eigentlich wurde ich nie wirklich diskriminiert...“ und ja, ich wurde nie aggressiv körperlich oder verbal angegangen, ich wurde auch meiner Meinung nach nicht benachteiligt oder ausgegrenzt... aber womöglich war ich es einfach gewohnt, den Text zwischen den Zeilen gut auszublenden.

Erst eine Erfahrung im Workshop von Prout At Work, hat die Awareness gesteigert: „Ja stimmt... ich kann nicht so entspannt über mein Privatleben reden wie andere, da ich immer sofort meine Sexualität preisgebe, wenn ich „meine Freundin“ sage.“

Unsere ehemalige Diversitätsbeauftragte hat Interessierte an einen Tisch gebracht. Aus der Frage heraus, was wir brauchen und welche zeitlichen Ressourcen wir haben, hat sich der Stammtisch gebildet. Acht Treffen im Jahr, mit vielen Ideen, viel Motivation und Zeit zum Austausch.

Für mich war vor allem der Austausch wichtig. Er hat mir gezeigt, dass es eben doch viele Stellen gibt, an denen ich mich unfrei fühle und mir überlege, inwieweit ich mich so präsentiere wie ich bin. Vor allem der Punkt „, dass Menschen automatisch etwas Preis geben, sobald sie über sich sprechen“, hat mich dabei nicht losgelassen. Dies führte im Stammtisch zu der Idee, dass wir alle unsere Pronomen in der Mailsignatur angeben, um es zur Normalität werden zu lassen, dass alle über die eigene Identität sprechen, dass es normal ist, das anzugeben und nicht nur die, die „aus dem Rahmen fallen“, die der gesellschaftlichen Norm nicht entsprechen. Es soll nicht pauschal davon ausgegangen werden, dass alle „normal“ seien und falls ich das nicht bin, soll ich es doch bitte sagen. Die Vision ist, „wir sind Vielfalt“ und alle dürfen/können/sollen sich darin definieren, wo auch immer sie stehen. Definition ist auch dann möglich, wenn ich zu einer vermeintlichen „Einheitsgröße“ gehöre.

Nun möchte ich hierzu meine Erfahrung schildern:

Einen Tag nachdem ich die Pronomen in meiner Signatur aufgenommen habe, wurde ich von einer Kollegin darauf angesprochen, was dieses „sie/ihr“ in meiner Signatur bedeuten soll: „Man kann doch an deinem Namen sehen, dass du eine Frau bist.“ Ich versuchte den obenstehenden Sachverhalt zu erklären und dass es mein Wunsch ist, dass alle Menschen sich als Teil der Vielfalt sehen und wir nicht zwischen Normal und Unnormal unterscheiden. Ich bekam ein herzhaftes Lachen als Antwort und die Aussage: „Das ist doch albern! Diesen Quatsch mache ich nicht mit! Ohne mich! Ich muss mich doch nicht für ein paar, die nicht wissen, wer sie sind, verbiegen und so einen Aufwand machen.“ Im ersten Moment ging ich einfach etwas perplex aus der Situation und dachte: „die armen non binären Menschen“ und habe die Reaktion der Kollegin abgetan: „So ist sie eben, es war zu erwarten.“

Um die anderen des Stammtisches zu informieren, dass uns eventuell auch solche Reaktionen erwarten, schrieb ich in unsere Teamsgruppe. Erst durch die starke Reaktion der Gruppe, Empörung, Ärger, Unterstützung und Zuspruch merkte ich zum einen erst, dass nicht nur nicht-binäre Menschen von meiner Kollegin angegriffen wurden, sondern eben auch ich. Meine, aus meiner Biografie begründete Meinung und Einstellung wurde offen und von innen kommend ausgelacht und ich habe es, wohl ein bisschen aus Gewohnheit, gar nicht gemerkt.

Die Reaktion des Stammtisches hat mir gezeigt, wie gut es tut sich zu vernetzen, Ansprechpersonen und einen sicheren Ort zu haben, um diese Themen zu adressieren.

Ein bisschen mehr auf den Text zwischen den Zeilen zu achten ist nicht immer schön... Gedanken, über mich Diskriminierung zu finden, erst recht nicht. Trotzdem bin ich sehr dankbar, dass ich durch den Workshop und den Stammtisch die Möglichkeit bekommen habe mich hier in eine tiefere Reflexion zu gehen und durch die Awareness Probleme greifbarer werden und damit die Möglichkeit wächst, dieses Thema anzugehen und ein offenes und vielfältiges Miteinander zu schaffen!