SRH University
Forschung

Neue Studie zum Temperament in der frühen Kindheit erschienen

In Kooperation mit der Universität des Saarlandes untersuchte Prof. Dr. Anne Henning die Struktur und die zeitliche Stabilität von Temperamentseigenschaften in den ersten vier Lebensjahren.

Schon im Säuglingsalter unterscheiden wir uns in bemerkenswerter Weise sowohl auf physiologischer als auch auf psychologischer Ebene. Was für ein Kind angenehm ist, kann für ein anderes sehr unangenehm sein. Was ein Kind fasziniert, kann für sein Geschwisterkind uninteressant sein, auch wenn beide in der derselben Familie und in einem ähnlichen Umfeld aufwachsen. Diese individuellen Unterschiede im kindlichen Temperament waren Gegenstand einer Studie in Kooperation mit der Universität des Saarlandes (UdS). Prof. Dr. Anne Henning, Professorin für Frühförderung am SRH Campus Gera und ehemalige Mitarbeiterin an der UdS, berichtet. 

Worum geht es in dieser Studie?

In dieser Längsschnittstudie untersuchten wir das kindliche Temperament in den ersten vier Lebensjahren. In vielen internationalen Studien mit denselben – hier verwendeten – Messinstrumenten wurden drei grundlegende Dimensionen des kindlichen Temperaments gefunden: Lebhaftigkeit, Negativer Affekt und Regulationsfähigkeit. Das erste Ziel unserer Studie war somit festzustellen, ob diese Faktorenstruktur auch in einer deutschen Stichprobe repliziert werden kann, und zwar an fünf verschiedenen Alterszeitpunkten. Unser zweites Ziel war es, die Stabilität des Temperaments über diese Alterszeitpunkte vom Säuglingsalter bis zur frühen Kindheit zu untersuchen.

Wie ist die Studie aufgebaut?

Diese Studie ist Teil einer größeren Längsschnittstudie mit 165 Kindern, die 2007 am Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie an der Universität des Saarlandes unter der Leitung von Prof. Dr. Gisa Aschersleben begann. Für die hier vorgestellte Studie wurden die Temperamentsdaten der ersten fünf Alterszeitpunkte analysiert, als die teilnehmenden Kinder 6, 12 und 18 Monate sowie 3 und 4 Jahre alt waren. Hierbei war der Erstautor, Jonathan A. Schmidt, im Rahmen seines von der DFG geförderten Promotionsprojekts federführend.

Wie wurde das kindliche Temperament gemessen?

Für die Messung des kindlichen Temperaments füllten die Eltern vor jedem Besuch einen Fragebogen mit ca. 200 Fragen aus. Stets mehrere Fragen bezogen sich auf eine der 14 bis 18 Temperamentseigenschaften (Skalen). Es wurde die deutschsprachige Version der Elternfragebögen von Mary Rothbart und Kollegen eingesetzt. Diese gehören zu den mit am häufigsten verwendeten Messinstrumenten für das kindliche Temperament und liegen in verschiedenen Formen für unterschiedliche Altersbereiche vor. 

Für den Infant Behavior Questionnaire Revised (IBQ-R), der im Alter von 6 und 12 Monaten eingesetzt wurde, sowie für den Early Childhood Behavior Questionnaire (ECBQ), der im Alter von 18 Monaten verwendet wurde, wurden die Eltern gebeten anzugeben, wie häufig ihr Kind ein bestimmtes Verhalten in den vorangegangenen zwei Wochen gezeigt hatte. Zum Beispiel „Wie oft hat Ihr Baby vom Spiel aufgeblickt, wenn das Telefon klingelte?“ (IBQ-R) oder „Wie oft hat Ihr Kind beim An- oder Ausziehen stillgehalten?“ (ECBQ). Für den Child Behavior Questionnaire (CBQ), der im Alter von 36 und 48 Monaten verwendet wurde, wurden die Eltern gebeten, für die vergangenen sechs Monate anzugeben, wie sehr eine bestimmte Aussage auf ihr Kind zutraf, wie zum Beispiel „Mein Kind ist nicht sehr schmerzempfindlich.“

Was sind die Hauptergebnisse der Studie? 

1. Faktorstruktur: Die angenommene Struktur bestehend aus den drei Dimensionen (Faktoren) Lebhaftigkeit, Negativer Affekt und Regulationsfähigkeit konnte nicht repliziert werden. Explorative Faktorenanalysen ergaben dahingegen ähnliche, aber nicht identische Strukturen für jeden Alterszeitpunkt. Insbesondere der Faktor Regulationsfähigkeit wurde nicht mit 6 Monaten, sondern erst mit 12 Monaten und später gefunden. Dies Ergebnis ist konsistent mit den Ergebnissen zweier vorheriger Studien mit deutschen Stichproben und deuten auf kulturspezifische Unterschiede in frühkindlichen Temperamentseigenschaften hin.

2. Longitudinale Stabilität: Für die meisten Temperamentseigenschaften (Skalen) sowie für alle drei Dimensionen (Faktoren) Lebhaftigkeit, Negativer Affekt und Regulationsfähigkeit wurde ein mäßiges bis hohes Maß an Stabilität festgestellt. Die Stabilität war zwischen den Messungen mit demselben Instrument erwartungsgemäß am höchsten. Interessanterweise nahm die Stabilität mit dem Alter zu, was auf eine Konsolidierung der Temperamentseigenschaften im Laufe der Zeit hindeutet. 

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